Akteure im Forst gekonnt vernetzen
Prof. Dr. Martin Ziesak ist an der Berner Fachhochschule, der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL), in der Abteilung Waldwissenschaften, Fachgruppe Forstliche Produktion, tätig. Der Dozent für forstliches Ingenieurwesen setzt sich besonders mit neuen Konzepten für eine nachhaltige – und digitalisierte – Forstwirtschaft auseinander.
Herr Prof. Dr. Ziesak, mit welchen Themen beschäftigen Sie sich aktuell?
Prof. Dr. Martin Ziesak Meine Themenfelder an der Hochschule umfassen die klassische Verfahrenstechnik, die Arbeitswissenschaft und die Walderschließung. All diese Themen sind logisch miteinander verknüpft und bauen aufeinander auf.
Wie schlagen Sie von diesen sehr klassischen Disziplinenden Bogen zur Digitalisierung der Forstwirtschaft?
Martin Ziesak In der Waldarbeit geht es um Tätigkeiten in der Fläche – anders als etwa bei einem Industrieunternehmen, bei dem wir genau wissen, an welcher Stelle welcher Prozessschritt passiert. Im Forst ist es die Herausforderung, konkrete Arbeitsschritte und Arbeitsobjekte so zu digitalisieren, dass alle Beteiligten sauber planen und koordinieren können. Die entsprechende Sensorik für dieses Vorhaben ist zum Teil schon vorhanden, muss aber noch ergänzt werden. Ziel muss sein, dass die Akteure, die sich im Wald bewegen, automatisch Dinge erfassen. Am Ende soll das vernetzte Agieren von Daten, Datenströmen und Akteuren sichtbar gemacht werden. Mit bekannten „Industrie-4.0“-Konzepten können wir hier einen echten Mehrwert generieren. Und zwar in nahezu allen Bereichen der Forstwirtschaft.
Wie aufgeschlossen ist eine sehr tradierte Branche wie die Forstwirtschaft gegenüber solchen neuen Ansätzen und Prozessen?
Martin Ziesak Die Forstwirtschaft ist sehr konservativ und wir hinken, verglichen mit der Industrie oder auch „Wald und Holz 4.0“, ein bisschen hinterher. Ich würde diese Haltung aber als durchaus gesund bewerten. Es war eher ein Abwarten, ein Beobachten: Was funktioniert in der Praxis? Welche Neuerung bringt wirklich den erhofften Mehrwert? Auf der anderen Seite steht die Branche durch den Klimawandel und eine sehr angespannte wirtschaftliche Lage vor dramatischen Veränderungen. Deswegen bewegt sich aktuell sehr viel in Richtung neuer Technologien.
Welche Anwendungen sehen Sie dabei ganz vorne?
Martin Ziesak Die Digitalisierung in der Forstwirtschaft läuft bereits seit Jahrzehnten. Die Herausforderung ist jetzt, dass wir die entstandene Datenbasis nutzen und gewinnbringend in durchgängige Prozesse und neue Produkte umsetzen. Daher ist es für mich eher ein Parallellaufen von verschiedenen Dingen in unterschiedlichen Dimensionen. Ein Auftrag ist – und damit beschäftige ich mich zum Beispiel im Projekt Smart Forestry – eine saubere Architektur aufzustellen, in der bereits vollmechanisierte Schritte genauso dokumentiert und verwertet werden wie alle klassisch motormanuell ausgeführten Arbeiten. An dieser Stelle gibt es einen klaren Entwicklungsauftrag, dessen wir uns annehmen.
Stichwort Zukunftsaufgabe: An welchen Stellen besteht denn aus Ihrer Sicht der größte Handlungsbedarf?
Martin Ziesak Ich sehe es ein wenig mit Sorge, dass momentan viele Einzellösungen entwickelt werden, bei denen einzelne Mehrwerte generiert werden, aus denen sich aber kein ganzes Bild ergibt. Eine ganzheitliche Lösung sollte also bestenfalls herstellerunabhängig funktionieren und die Vision von smarten Prozessen mit smarten Maschinen abbilden. Die Branche braucht umsetzungsrelevante Forschungsprojekte. Nur, wenn wir zielgerichtet Sorgen und Nöte der Akteure aus der Praxis aufnehmen, können wir sinnvolle Forschung betreiben.
Was macht für Sie ganz persönlich die Faszination aus, in diesem Feld zu forschen?
Martin Ziesak Die Forstwirtschaft ist bei aller Tradition eine sehr zukunftsfähige Branche, die einen großen gesellschaftlichen Dienst leistet. Ich persönlich möchte der Branche helfen und ihr den Weg in die Zukunft ermöglichen.