Wandel ist
unsere Chance

Seit gut einem Jahr ist Michael Traub Vorstandsvorsitzender bei STIHL.

Seit seinem Amtsantritt ist viel passiert. Im Interview gibt uns Michael Traub Einblick in das, was STIHL bewegt, erläutert, wo sich das Unternehmen aktuell befindet und vor welchen Herausforderungen es steht.

Aus den USA zurück zu den Wurzeln – mit seinem Amtsantritt bei STIHL ist Michael Traub zurück in seine schwäbische Heimat gekommen. Im Gepäck: eine klare Vision für die große Transformation, die vor STIHL liegt. Wie die aussieht, erklärt der Vorstandsvorsitzende im Interview.

Sie sind jetzt gut eineinhalb Jahre bei STIHL: Wie war Ihr Start, was ist Ihnen aufgefallen?

Michael Traub Ein ganz großes Plus von STIHL ist das Miteinander. Ich wurde an allen Stellen sehr herzlich und offen empfangen. Es ist klar zu spüren, dass wir ein Familienunternehmen sind und es einen großen Zusammenhalt gibt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind es, die STIHL ein Gesicht geben und sich hochmotiviert engagieren. Und das trotz der vielen Ungewissheiten und Krisen, denen wir uns seit fast drei Jahren unentwegt stellen müssen. Das hat mich sehr beeindruckt. Die Energie, die von den Teams weltweit ausgeht, zeigt, wie engagiert alle Beschäftigten an der Weiterentwicklung von STIHL arbeiten. Dabei ist mir positiv aufgefallen, wie global STIHL denkt. Das ist enorm wichtig, schließlich erzielen wir etwa 90 Prozent unseres Umsatzes im Ausland.

Wie war das Geschäftsjahr 2022 für STIHL?

MT In meiner gesamten beruflichen Laufbahn habe ich ein solches Jahr, mit einer so geballten und die gesamte Welt erfassenden Krisensituation, noch nicht erlebt. Unser Geschäft wird nach wie vor stark durch den Angriffskrieg in der Ukraine, die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie und die damit verbundenen Störungen der Lieferketten, von Material- und Rohstoffmangel sowie ganz aktuell von der Energiekrise belastet. Hinzu kommt, dass wir uns als Unternehmen mitten in der Transformation befinden und trotz dieser ungünstigen Rahmenbedingungen weiterhin wachsen. So suchen auch wir viele fähige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die wir dringend benötigen, um unsere Strategie umzusetzen.

Stichwort Strategie: Welche Themen bewegen STIHL – abgesehen von den genannten Krisen – aktuell besonders?

MT STIHL ist ein Familienunternehmen mit einer inzwischen fast 100-jährigen Tradition. An diesem Punkt wären wir nicht, wenn wir immer nur kurzfristige Entscheidungen getroffen hätten. Vielmehr ist es das langfristig auslegte Handeln und Denken der Gesellschafter – in vertrauensvoller Zusammenarbeit mit dem Vorstand –, das die lange Erfolgsgeschichte von STIHL begründet. Wir stellen uns den heutigen Herausforderungen, aber mit einer Vision für morgen und übermorgen. Als Unternehmensführung wird uns dabei die große Aufgabe zuteil, stets Orientierung und einen klaren Kurs vorzugeben. Dabei kommt es auf jeden Einzelnen und das gute Zusammenspiel aller Funktionen als global agierendes Unternehmen an.

»Wichtig dabei ist, die richtigen Weichen jetzt zu stellen und noch mehr dort zu investieren, wo wir unseren Kundenfokus sehen.«

Michael Traub
Vorstandsvorsitzender

Und wie lautet die Antwort darauf?

MT Unser Handeln und Tun an den Bedürfnissen unserer Kundinnen und Kunden konsequent auszurichten. Wichtig dabei ist, die richtigen Weichen jetzt zu stellen und noch mehr dort zu investieren, wo wir unseren Kundenfokus sehen. Die Transformation vom Benzin- hin zum Akku-Geschäft gilt es dabei offensiv voranzutreiben und aktiv zu gestalten.

Der Akku-Trend bei STIHL begann bereits 2009 und macht heute etwa 20 Prozent unseres Gesamtabsatzes aus. Der Wandel bietet uns auch künftig erhebliches Wachstumspotenzial. Bis 2027 wollen wir diesen Anteil auf mindestens 35 Prozent steigern, für 2035 peilen wir 80 Prozent an. In Deutschland haben wir in den zurückliegenden zwei Jahren jeweils schon mehr akku- als benzinbetriebene Produkte verkauft. Wichtige Standortentscheidungen sind ebenfalls mit unserer Akku-Strategie verknüpft: Ab 2024 fertigen wir auch an unserem Stammsitz in Waiblingen Akku-Produkte. Darüber hinaus bauen wir in Rumänien ein neues Werk für Akku- und Elektro-Geräte auf, das ebenfalls 2024 den Betrieb aufnehmen soll.

Das sind große Ziele.
Aber was ist mit dem bisherigen Kerngeschäft? Was geschieht mit den STIHL Benzin-Produkten?

MT Die Absatzmenge unserer Benzin-Produkte geht sowohl absolut als auch relativ weiter zurück. Man muss kein Prophet sein, um zu erkennen, dass sich dieser Trend auch künftig fortsetzen wird. Auf der anderen Seite wissen wir, dass wir den Verbrenner im Profi-Bereich noch lange brauchen werden. Auch die für uns wichtigen Märkte in Lateinamerika und Asien werden ihr Wachstum in der nächsten Dekade mit dieser Antriebstechnik vorantreiben.

Für uns bedeutet das Wandel und große Chance zugleich. Wir stellen uns bereits heute auf diese Veränderungen ein und bringen die notwendigen Maßnahmen auf den Weg, damit wir weiter profitabel wachsen können. Mit einem „Weiter-so“ ist es in einer Zeit, in der sich die Welt um uns herum so drastisch verändert, nicht getan.

So müssen wir uns außer auf den Wechsel der Antriebsarten in unseren Märkten auch darauf einstellen, dass wir unsere Vertriebskanäle vor dem Hintergrund veränderter Kundenwünsche weiterentwickeln. Gleichzeitig zwingen uns die weltweit gestörten Lieferketten, unsere „Supply Chain“ so umzubauen, dass Abhängigkeiten von einzelnen Lieferanten reduziert werden und unsere Lieferantenstruktur stärker auf den Kontinenten lokalisiert wird – nach dem Motto „Local for Local“. Im Vorstandsressort Produktion und Materialwirtschaft wurde dafür ein ganzes Paket an Projekten gestartet.

Michael Traub

wurde 1968 in Ehingen an der Donau geboren. Er ist verheiratet und hat vier Kinder. Als Wirtschaftswissenschaftler war er zwei Jahrzehnte für den Bosch-Konzern in Deutschland, Asien sowie Süd- und Nordamerika tätig. Nach sechs Jahren als CEO und President der Bosch Siemens Home Appliances North America übernahm er in den USA 2014 die Führung von Serta Simmons Bedding, LLC und wurde später CEO bei Plum, Inc. Seit dem 1. November 2021 ist er Mitglied des Vorstands der STIHL AG, seit dem 1. Februar 2022 Vorstandsvorsitzender der STIHL AG.

Herr Traub, die Transformation bei STIHL macht auch vor der Organisation selbst nicht Halt.

MT Nein, das wäre auch fatal. Einer der größten Wettbewerbsvorteile, die wir haben, ist, dass die Familie Stihl sehr vorausschauend denkt und handelt und damit dem Vorstand erlaubt, frühzeitig die richtigen Schritte einzuleiten, um die Weltmarktführerschaft in unserer Branche weiter auszubauen. Jetzt ist es an der Zeit, die Organisationsstrukturen gezielter weiterzuentwickeln, um unsere Wettbewerbsfähigkeit auch von innen heraus deutlich zu stärken.

Neben Transformation, Wachstum, neuen Produkten und Märkten wird Nachhaltigkeit immer wichtiger. Was macht STIHL diesbezüglich?

MT Auch hier verfolgen wir einen langfristigen strategischen Ansatz. STIHL ist im Bereich Nachhaltigkeit seit der Firmengründung 1926 aktiv, auch wenn wir unser Tun nicht immer so bezeichnet haben. Unser Ziel war und bleibt, dass wir nachfolgenden Generationen eine lebenswerte Zukunft hinterlassen wollen. 2023 erscheint der zweite STIHL Nachhaltigkeitsbericht. Seit 2021 rollen wir eine gruppenweite Nachhaltigkeitsstrategie aus und wir haben uns bis 2030 ambitionierte Ziele gesetzt. Dazu gehört, dass wir uns intensiv dem Schutz der Ökosysteme widmen, indem wir uns für den Klimaschutz und die Artenvielfalt einsetzen. Außerdem wollen wir ressourcensparender und weiterhin fair arbeiten. Unsere Entscheidung, dem Global Compact der Vereinten Nationen beizutreten, unterstreicht die Ernsthaftigkeit, mit der wir unsere Nachhaltigkeitsaktivitäten umsetzen. Auch hier befinden wir uns in einer Transformation.

Haben Sie für sich auch eine Vorstellung, wie Sie ganz persönlich das Unternehmen prägen wollen? Was ist Ihre Vision für STIHL?

MT Im vergangenen Jahr und mit Beginn des Jahres 2023 haben wir das Thema Veränderung im Vorstandsteam ganz massiv und hautnah erlebt: Von einem rein männlichen Gremium geht es jetzt zu einem paritätisch besetzten Gremium mit drei Männern und drei Frauen. Für mich ist das ein guter und wichtiger Schritt und hoffentlich auch ein Anstoß zu generell mehr Diversität im Unternehmen. Doch der Weg dorthin ist noch lang und wird sicherlich nicht einfach, denn auch an dieser Stelle haben wir Nachholbedarf. Mir persönlich ist es ein Anliegen, darauf zu achten und Vielfalt aktiv zu fördern, denn sie ist ein wichtiger Baustein für den weiteren Erfolg unseres Unternehmens. Ansonsten sind mir der persönliche Austausch sowie ein offenes und ehrliches Miteinander wichtig.

Herr Traub, haben Sie herzlichen Dank für das Gespräch.

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